Aus dem Original Tagebuch der US-Armee

Ebenfalls am 3. Mai 1945 war das Combat Command „B“, die zweite große Gefechtsformation der 11th Armored Division direkt nach Osten vorgestoßen und befand dich nun nördlich des Combat Command „A“. Um 17:45 Uhr wurde Waxenberg erreicht, wo ein Kriegsgefangenenlager mit britischen Kriegsgefangenen überrannt wurde. Die Gefangenen wurden befreit. Der Angriffsschwung war so groß, dass der Befehl zum Weitermarsch gegeben wurde. Um 19:15 war Zwettl erreicht, wodurch die Bundesstraße 126 die von Linz nach Norden verläuft, unterbrochen war.

Die 11th Armored Division begann Linz abzuschnüren und war dabei, sämtliche Bewegungen aus Linz von jenseits der Donau zu unterbinden. Am 4. Mai rückten Teile des Combat „A“ nach Walding, von Gramastetten kommend, vor. Lichtenberg wurde durch die Kampfgruppe Eingrad ohne Erfolg angegriffen. Feste Anlagen der Flak in Lichtenberg und gut getarnte Kampfstellungen, die die offenen Flächen mit Feuer beherrschten, vereitelten sämtliche Versuche, vorzurücken. Der hügelige Charakter des Geländes war für die Verteidigung ideal, die Wehrmacht war darauf vorbereitet und setzt die Flak im Erdeinsatz wirkungsvoll zur Unterstützung der Verteidigung von Linz ein. Flak-Einheiten um Linz herum waren zur Fliegerabwehr eingesetzt, um die Rüstungsbetriebe, insbesonders die Hermann Göring-Werke, als größte und bedeutendste Anlage, vor Luftangriffen zu schützen.

Diese Geschütze bildeten nun einen Teil der Bedrohung für die vorrückenden Truppen, und ihr Feuer führte dazu, dass wir Deckungen aufsuchen mussten. Dessen ungeachtet, wurden im Zuge der Gefechtstätigkeit dieses Tages mehrere Flak-Stellungen zerstört und etwa zweihundert Gefangene gemacht. Das Combat „B“ marschierte am 4. Mai von Zwettl weiter in südliche und östliche Richtung und passierte Hellmonsödt, Reichenau und Altenberg.

Teile der 41th Cavalarie klärten in Richtung Gallneukirchen auf, wo mit heftigem Widerstand gerechnet wurde. Das Vorrücken der gepanzerten Aufklärungskräfte erfolgte aber so schnell, dass dieser Ort um sechzehn Uhr genommen wurde, wobei der Bataillonskommandeur der Wehrmacht und siebenhundert bis achthundert seiner Männer gefangen genommen wurden. Wieder lag Combat Command „B“ unter schwerem Feuer, das im Laufe des Nachmittags aus de Nähe von Urfahr kam. Unsere Artillerie bezog Stellung, um am 4. Mai 1945 Linz und Urfahr bis achtzehn Uhr unter Feuer zu nehmen. Sieben Artilleriebataillone mit leichten, mittleren und schweren Geschützen (insgesamt mehr als siebzig) waren in Stellung gegangen und feuerten die ganze Nacht über. Überdies wurde die Kampftruppe Wingard des Combat Command „A“ durch unsere Jagdbomber unterstützt, die im hügeligen Gelände in der Nähe von Lichtenberg, das knapp ostwärts von Gramastetten liegt, Erdkampfeinsätze flogen.

Das wichtigste Ereignis des 4. Mai 1945 war gemäß dem Kriegstagebuch der 11th Armored Division das Eintreffen von Parlamentären aus Linz kurz nach 14 Uhr, die angaben, uneingeschränkte Vollmacht zu haben, eine Übergabe der Stadt auszuhandeln. Die Übergabeverhandlungen mussten ergebnislos abgebrochen werden.

Soweit das amerikanische Dokument.

Die Division der US-Armee die in Gramastetten kämpfte, kam über England, setzte nach Frankreich über und kämpfte sich über Belgien und Deutschland bis nach Österreich vor.

 

Im Archiv der Stadt Linz findet sich folgender Bericht:

Das Dokument spiegelt einen entscheidenden Augenblick in der jüngeren Geschichte der Stadt Linz wider, nämlich die Besetzung der Stadt durch amerikanische Truppen, mit der der siebenjährigen nationalsozialistischen Herrschaft und dem 2.Weltkrieg das Ende bereitet wurde.

Vorausgegangen war dem die bange Frage in der Bevölkerung, ob zuerst die Russen oder Amerikaner kämen, denn es bestand schon längere Zeit kein Zweifel mehr, dass unsere Heimat der letzte Kriegsschauplatz auf europäischem Boden sein würde. Absicht des Oberkommandierenden der Heeresgruppe Süd der deutschen Wehrmacht, Generaloberst Lothar Rendulic, war, alle noch verfügbaren Truppen an der Ennslinie zu konzentrieren, um ein weiteres Vordringen der Russen zu verhindern. Diese blieben allerdings am 15.April 1945 nach der Einnahme von St. Pölten stehen. Vom militärischen Standpunkt aus bedingte dies ein Hinterland, das die Verschiebung der Truppenverbände ohne Hindernisse ermöglichte. Voraussetzung dafür war, den Donauübergang in Linz möglichst lange zu halten, was wiederum die Gefahr heraufbeschwor, dass Linz durch Straßen- und Häuserkämpfe vollständig zerstört worden wäre. Die Absichten der Militärs fanden bei den verantwortlichen Stellen der Stadt keine Gegenliebe, doch war es vorerst nicht möglich, die Militärbefehlshaber von der Sinnlosigkeit weiterer Zerstörungen und Opfer unter der Bevölkerung zu überzeugen.

Fast in letzter Minute - amerikanische Kampfverbände waren bereits im Raum Rottenegg - Gramastetten - wurde am 4.Mai 1945 der stellvertretende Kreisleiter Franz Danzer vom Reichsverteidigungskommissar und Gauleiter August Eigruber, dem damals mächtigsten Mann, gegen Mittag ermächtigt, mit den Amerikanern die Übergabe von Linz auszuhandeln. Die von Danzer, der sich des Linzer Chirurgen Primarius Dr. Rosenauer als Dolmetscher bediente, geführten Übergabeverhandlungen verliefen nicht so glatt, wie man sich dies vorgestellt hatte. Gerade die verwobenen Führungsstrukturen zwischen Wehrmacht und Nazihierarchie verhinderten endgültige Entscheidungen und bescherten der Stadt in der Nacht vom 4. auf den 5.Mai 1945 nochmals einen Artilleriebeschuss durch die Amerikaner. Dabei wurde eine beträchtliche Zahl von Häusern zerstört, 26 Menschenopfer waren noch zu beklagen.

Als am 5.Mai 1945 kurz nach 11 Uhr Einheiten der 11.Panzerdivision der 3. amerikanischen Armee von Urfahr kommend auf dem Hauptplatz; einfuhren, ging für die Stadt Linz der Krieg zu Ende. Für große Teile der Bevölkerung war dies ein freudiger Augenblick, verhieß doch der Einmarsch trotz schlechter Versorgung mit Nahrungsmitteln zumindest wieder ruhige Nächte ohne Fliegeralarm und Bombardierungen. Noch während die Besetzung der Stadt im Gange war, erschien der als "Amtliche Mitteilungen der Stadt Linz" deklarierte "Befehl des amerikanischen Generals". Die in 9 Punkten formulierten Bedingungen waren hart. Gleich die erste Bedingung, nämlich die Straßen bis 13 Uhr - also in 1 1/2 Stunden - zu räumen, war wohl am schwersten zu erfüllen, wenn man bedenkt, dass die Plakate (50.000 Stück) erst gedruckt und im ganzen Stadtgebiet verteilt werden mussten. Es funktionierten weder die Telefonverbindungen noch war in der bombenzerstörten Stadt, die noch dazu viele Flüchtlinge, Zwangsarbeiter etc. beherbergte, an ein rasches Weiterkommen zu denken.

Das Dokument gibt auf die in diesen Stunden herrschende Hektik und Spannung insofern einen kleinen Hinweis, als man sich beim Druck in der Jahresdatierung irrte und das Jahr 1934 anstelle von 1945 daruntersetzte. Desgleichen tat der Name des Generals nichts zur Sache. Wir wissen heute aus amerikanischen Quellen, dass dieser wohl schon vorgefertigte Befehl vom Brigadier General Holbrook, dem Kommandanten der Kampfgruppe A der 11. Panzerdivision stammte. Angesichts der drückenden Bestimmungen musste jedem sehr schnell klar sein, dass die Amerikaner die Österreicher nicht anders als die Deutschen behandelten und vorerst als hochnäsige und auch übermütige Sieger auftraten. Jene Bevölkerungskreise, die gehofft hatten, dass die Amerikaner als Befreier kommen werden, mussten fürs erste schwer enttäuscht sein und sich vielleicht auch die Frage gestellt haben, worin der Unterschied zum vorhergehenden Regime lag. Aber in diesen ersten Stunden verstanden die Österreicher genauso wenig, was die Amerikaner vorhatten, wie es auch umgekehrt der Fall war.

Freilich hatte sich dieses Verhältnis von einer Militärdiktatur nach und nach in ein partnerschaftliches Arrangement zwischen Amerikanern und Österreichern gewandelt. Entsprechende Hilfsmaßnahmen erlaubten, die schwierige Nachkriegszeit zu überwinden. Die Besetzung von Linz durch amerikanische Truppen leitete eine zehnjährige Besatzung durch die Alliierten ein, von der ganz Österreich betroffen war. Sieht man vom Sonderfall Wien ab, so war Linz die einzige österreichische Stadt, deren Gebiet seit 1.August 1945 auf zwei Besatzungszonen aufgeteilt war. Die Donau bildete die Demarkationslinie zwischen der russischen Zone im Norden (Urfahr) und der amerikanischen Zone im Süden.

(Text mit Genehmigung von Fritz Winkler aus seinem Buch"Kriegsende und Bestazungszeit"+Archiv der Stadt Linz)