"Fein sein, beinander bleiben!" Die Gegend um Gramastetten ist stark hügelig. Diesem Charakter entspricht auch das Klima: ein langer, rauer Winter, ein kurzer Frühling, ein heißer Sommer, ein schöner Herbst. Man sieht es schon von weitem der Landschaft an, wie mühsam und beschwerlich hier das Leben sein müsse. Und dennoch: der Markt Gramastetten zählt zu den ältesten Siedlungen des Mühlviertels. Er ist älter als das sagenumwobene Freistadt oder das wehrhafte Haslach und übertrifft sogar das schon 1146 beurkundete Ottensheim um mehr als 30 Jahre. Ein Beweis, dass die Gramastettner allzeit ein rühriges Völklein waren und es trotz eines kargen Bodens wohl verstanden, für ihr "Grimhartesstetin" das Beste zu erreichen. Diese in acht Jahrhunderten bewährte Tradition hat auch in der Gegenwart seine Gültigkeit. Das vermag der Bau der im Jänner 1950 fertig gestellten Wasserleitung vielleicht am eindeutigsten zu bezeugen. Seit 1603 besaß Gramastetten einen Wasserbrief seines Grundherrn Hans Christoph von Gera, wonach "das auf des Georg Oglstetters Besitztum im Buchwiesl gefundene Wasser" in den Markt geleitet werden durfte. Dazu dienten lange Zeit gebohrte Rohre, die in drei aus Holzpfosten gezimmerte Kare mündeten. Später wurde diese primitive Leitung durch Eisenrohre modernisiert und an Stelle der Kare baute man Zementbrunnen. Doch dadurch wurde die Wassernot nicht behoben. Der Markt wuchs, durch die Stadtnähe bedingt, zusehens und schon um die Jahrhundertwende wurden Stimmen laut, die eine ausreichende Wasserversorgung forderten. Trotzdem sollte es noch fast fünfzig Jahre dauern, bis dieser Wunsch in die Tat umgesetzt werden konnte. Und wie so oft, war es ein äußerer Anlass, der die Ursache dazu hergab. Am 5. Mai 1945 brannten durch die Kampfhandlungen fünf Gramastettner Bürgerhäuser nieder, obwohl die Feuerwehr nichts unversucht ließ, der Katastrophe Herr zu werden. Aber es fehlte an ausreichender Wasserversorgung und so war alles Mühen vergeblich. Von diesem Tage an war man sich in Gramastetten klar, dass der Bau einer neuzeitlichen Wasserleitung nicht mehr zu umgehen sei. So entstand unter Führung von Landesrat Hartl und Bürgermeister Rath jenes Werk, dessen Größe am vergangenen Sonntag gewürdigt wurde. In einer Gemeinschaftsleistung, die im Mühlviertel seinesgleichen sucht, wurde auf der alten Gramastettner Hochgerichtsstätte ein Wasserbehälter geschaffen, der allen modernen Anforderungen entspricht. Mit zwei Kammern vermag er nicht nur eine ausreichende Wasserspeicherung durchzuführen, sondern schafft auch eine wertvolle Regulierung. So kann das Überwasser abgeleitet werden und kommt der Landwirtschaft zugute. Mit einem Wasserdruck von zwölf Litern pro Sekunde können neben dem normalen Wasserverbrauch sechs Feuerwehrhydranten versorgt werden und für die Morgen und Abendspitzen stehen überdies noch viel Liter pro Sekunde zur Verfügung. Die Lage des Hochbehälters 50 Meter über dem Ort kann als wahrhaft ideal bezeichet werden. Der Druck in der fast fünf Kilometer langen Rohrleitung ist damit vollkommen stabil. Bedenkt man nun, dass alle diese Arbeiten in freiwilliger Robot geleistet wurden, so musste zum Beispiel oft während der Nachtstunden bei Scheinwerferbeleuchtung gearbeitet werden, und weiß man um die Vielzahl der Schwierigkeiten, so erhält man erst den richtigen Blick, um diese Gemeinschaftsleistung würdigen zu können. Fast kein Gramastettner schreckte vor dieser Aufgabe zurück und daher kann der ganze Markt auf sein Werk wahrhaft stolz sein. Der Wasserleitungsbau in Gramastetten ist das beste Beispiel, was ein einiges Volk zu leisten imstande ist und das Dichterwort "Fein sein, beieinander bleiben" fand hier seine schönste Bedeutung! (Zeitung unbekannt) |