"Zuagroast"
Familie Gogela
"Und
wenn einmal aus der alten Stube die Musik aus den Fenstern
dringt ...."
Lili u. Dr. Hanns Martin
Gogela |
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Zugereist? Nein,
zugereist fühle ich mich nicht, wenn ich auch hier nicht geboren bin und
früher nur meine Sommerferien am Starzerhof verbrachte.
Aber es stimmt schon, dass es nicht so einfach war, bis unsere Familie
in Gramastetten sesshaft wurde am Starzerhof, der erstmals 1206
urkundlich erwähnt ist und den mein Großvater im Jahr 1931 kaufte. Den
damals über 100 Joch großen Hof sollte sein jüngster Sohn Felix
übernehmen, der als Absolvent von Wieselburg und Fähnrich der Einjährig
Freiwilligen nicht aus dem Polenfeldzug heimkehrte. So war mein Vater
gefordert, neben Familie, Beruf und vielen Jahren beruflicher Tätigkeit
im Ausland den Besitz zu übernehmen und zu führen.
Daher kam es, dass wir als Kinder schon viel von der Welt sahen, die
Sommerferien aber immer auf unserem Hof verbrachten. Zuhause habe ich
mich aber immer hier gefühlt und je länger ich in der Fremde war, in
Schulen, Internaten oder später auf der Universität und im Berufsleben,
desto mehr hat es mich zu unserem Hof zurückgezogen.
Zurückgezogen zu seiner Stille, der Weite und Unbegrenztheit des
Blickes. Zu dem Geruch von Heu und Stallungen im Sommer, dem Ruf der
Käuzchen im zeitigen Frühjahr und der klaren dünnen Herbstluft mit dem
Geruch der Kartoffelfeuer auf den abgeernteten Feldern.
Bilder und Eindrücke sind das aus einer unbeschwerten Jugend und
Kindheit, die für mich hauptsächlich aus unserem Hof und den
Nachbarkindern bestand: Die Welt endete am Hamberg. Gramastetten war
weit weg, dorthin kam man nur, um beim "Gielge" einzukaufen, später dann
um in der Trafik Zigaretten zu besorgen, die dann beim Kühe hüten und "wespenstrotten"
geraucht wurden (Sie erinnern sich an die Marken C, Austria 3 oder Nil).
Den Hufschmied darf ich nicht vergessen, den Sattler- und den
Wagnermeister, dort wo es immer so gut nach Leder und frischem Holz
roch.
Als Lili und ich 1986 geheiratet hatten, verbrachten wir anfangs auch
unsere Freizeit und Ferien am Starzerhof, bis wir im Jahr 1997 Wien den
Rücken kehrten und nach Gramastetten zogen. So ganz wohl war Lili nicht
dabei, der Gegensatz Großstadt - Einschichthof brachte doch große
Veränderungen mit sich. Doch für uns beide war das nicht der erste
Umzug. Lili war in Washington D.C. aufgewachsen und lebte später in der
Schweiz, Frankfurt, Madrid und in Wien und war daher gewohnt, sich an
Neues anzupassen. Obwohl Lili in den USA lebte, verbrachten sie und ihre
3 Geschwister doch jeden Sommer in der österreichischen Heimat bei ihren
Großeltern in Kärnten. Diese Aufenthalte haben sie sehr geprägt. Ihre
Eltern legten sehr viel Wert auf Tradition, daher ist Lili trotz ihres
amerikanischen Passes mit Herz und Seele Österreicherin. Ist es Fügung
oder Zufall, dass Lili jetzt in Gramastetten "Zuagroaste" ist, obwohl
ihre Vorfahren, die Starhemberg's bereits im 17. Jahrhundert ein Teil
der Geschichte von Gramastetten waren?
Starzerhof in Hamberg
Nach unserem Umzug sorgten das große Haus, der Garten und die vielen
Bauarbeiten dafür, dass das Leben wie gewohnt weiterging. Unsere Kinder
Valerie (14), Niklas (11) und Felix (7) fühlten sich vom ersten Tag in
Schule und Kindergarten wohl. Neue Freundschaften sind geschmiedet und
heute müssen wir froh sein, unsere Tochter ab und zu zu sehen, ist sie
doch mehr in Wieshof bei ihren Freundinnen als bei uns am Hamberg.
Wenn ich an die Großstadt zurückdenke, ist man dort in vielen Bereichen
"Zuseher". Gramastetten bietet so viele Möglichkeiten, aktiv dabei zu
sein, mitzuarbeiten und mitzugestalten. Es ist so leicht möglich, Neues
kennen zu lernen und zu erfahren, wenn man dafür offen ist und ehrliches
Interesse hat. Lili wird daher mehr und mehr zur "Gramastettnerin".
Berufsbedingt ist meine Zeit auf das Wochenende beschränkt und dadurch
natürlich viel zu kurz.
Für die Zukunft planen wir in erster Linie die Umbau- und
Renovierungsarbeiten unseres Hofes unter Dach und Fach zu bringen. Dann
müssen aber das alte Bauernhaus, Stallungen, Scheune, Garten und Hof neu
belebt werden. Das bäuerliche Handwerk, Kunst und Kultur des
Mühlviertels bieten dazu viele Möglichkeiten. Und wenn einmal aus der
alten Stube die Musik aus den Fenstern dringt, g'sungen und g'spielt
wird, wäre das vielleicht auch ein kleiner Beitrag zu einer lebens- und
liebenswerten Gemeinde Gramastetten.
(Bericht M.Madlmayr)
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