Der Gramastettner Oberleutnant Martin Schütz ist seit Anfang April im Kosovo - Einsatz.
Bericht von Martin Schütz: 28. Juni 1989: Der jugoslawische Präsident Slobodan Miloševic spricht anlässlich des 600. Jahrestages der Schlacht gegen die Türken auf dem Amselfeld (Kosovo polje - nahe der kosovarischen Stadt Priština), vor beinahe einer Million serbischer Zuhörer und kündigt künftige, "vielleicht auch" bewaffnete Kämpfe an. Entsprechend seinen Aussagen ist Serbien dort, wo ein Serbe lebt bzw. soweit man vom Turm einer serbischorthodoxen Kirche sieht. April 1996: Beginn koordinierter Anschläge der UÇK (Kosova-Befreiungsarmee) auf Vertreter des serbischen Staates und vermeintliche "Kollaborateure". Juni 1999: Abkommen der UÇK mit der KFOR (Kosovo Force) zur Entmilitarisierung. Man fühlt sich in das Österreich der Jahre 1945 bis 1955 zurückversetzt - zerstörte Häuser, fehlende Infrastrukturen und hohe Arbeitslosigkeit. Nicht zu vergessen das Militär und die Polizeikräfte einer internationalen Staatengemeinschaft, die durch die Dörfer und Städte patrouillieren. Als Teil dieser multinationalen Streitkräfte versehe ich seit Anfang April meinen Dienst im Kosova. Als Milizoffizier führe ich dort einen gepanzerten Jägerzug an und bin für sieben Dörfer mit etwa 12.000 Menschen verantwortlich. Der Einsatzplan sieht im wesentlichen die Patrouillentätigkeit in der zugewiesenen Zugszone vor, in deren Rahmen unsere Soldaten den Kontakt zur Zivilbevölkerung aufnehmen. Die Gespräche finden zumeist auf Deutsch statt, da beinahe in jeder Familie zumindest ein Mitglied schon in einem deutschsprachigen Land beschäftigt war oder dort während der Kriegswirren um Asyl angesucht hat. Dabei ist die Gastfreundschaft besonders erwähnenswert beinahe keine Unterhaltung, die nicht sofort mit einer Einladung zum (türkischen) Kaffee oder zu einer Limonade beginnt. Der Hilfe von Aktionen und Organisationen wie "Nachbar in Not", Rotes Kreuz, Arbeitersamariterbund usw. verdanken wir höchstes Ansehen unter der Zivilbevölkerung und ernten auf diese Weise noch Jahre danach die Früchte der Spenden- und Einsatzbereitschaft unserer Landsleute. Auch das Österreichische Bundesheer leistet zusammen mit den Kameraden der Schweiz und der Slowakei durch die Errichtung von Brücken, die Reparatur von Häusern und Straßen, der Entminung oder der Verteilung von Kleidung, Spielsachen und anderer Dinge des täglichen Gebrauchs einen wesentlichen Beitrag zur Wiederherstellung normaler und geordneter Verhältnisse. Ein weiteres Schwergewicht bildet die Durchführung sogenannter check points (Kontrollpunkte), bei denen wir Kraftfahrzeuge und Personen anhalten und nach Waffen, Munition, Drogen oder anderen verdächtigen Gegenständen durchsuchen. Diese Kontrollen werden in Zusammenarbeit mit der UN-Polizei, die sich aus Polizisten aus Europa, Afrika, Asien und Nordamerika rekrutiert, oder der Militärpolizei durchgeführt. Das österreichische Kontingent, das nunmehr vierte, ist zusammen mit den beiden oben erwähnten und einem bulgarischen und deutschen Truppenteil auf dem Gelände einer noch nicht in Betrieb gegangenen Fabrik stationiert. Aufgrund der Vielzahl der österreichischen Wohncontainer erhielt das Camp den Namen "Casablanca" (weißes Haus). Da wir keine Ausgangserlaubnis besitzen, sind wir sehr froh darüber, dass das Camp über ausgezeichnete Freizeitmöglichkeiten verfügt - einen swimming pool (getarnt als Löschteich), fun courts, beach volleyball Plätze, eine Kletterwand, Kraft- und Fitnessräume, Internetanschlüsse, Bars usw. Anfang Oktober wird die sechsmonatige Dienstzeit von mir sowie der beiden anderen Gramastettner Soldaten Josef ATZESBERGER (bereits seit Dezember im Einsatzraum) und Bernhard GEISLER zu Ende sein. Wir alle haben bis dahin eine Vielzahl neuer Erfahrungen mit Land & Leuten gemacht und auch so manches über uns selber erfahren. Martin Schütz, Oberleutnant |