Gramastettner Geschichte 18/2024
Auf alten Ansichtskarten sieht man beim Haus eine Kapelle stehen, was hat es mit der Kapelle auf sich?
Dorfer Kapelle
Die Kapelle ist vermutlich nach den Franzosenkriegen um 1815 entstanden, 1826 ist sie bereits in den Indikationsskizzen des „Franziszeischen Katasters“ eingezeichnet. Zuletzt wurde sie zur „Dorfer Kapelle“. Da sich die Hausnamen im Markt durch einen Besitzwechsel änderten, dürfte sie nicht von Anfang an so geheißen haben.
Torbogen
Ein Torbogen verband das „Tuchschererhaus“ mit der Kapelle, durch diesen gelangte man in einen großen Garten hinter dem Gebäude. Mit dem Haus ging auch die Kapelle in Gemeindeeigentum über. Im Kaufvertrag hieß es u.a.: „Ist die Gemeinde verpflichtet, die zum Haus gehörige Kapelle ordentlich herzuhalten, die Beleuchtung an jedem Samstag abends und am Abend vor einem Frauenfeste mit Öllicht zu vollziehen, damit die jetzt bestehenden Andachten für alle Zeiten fortgeführt werden. Zu Fronleichnam sind wie bisher die Birken zu setzen und der Altar ordentlich herzurichten.“
Marienstatue
Auf einem großen kunstvollen Podest mit goldenen Ornamenten und Marienmonogramm stand in der Kapelle eine 1,30 m hohe Marienstatue. Von einem Strahlenkranz umgeben trägt die Himmelskönigin, wie auch der Jesusknabe, eine Krone auf dem Haupt. Maria hält in der rechten Hand ein Zepter, das Jesuskind den Reichsapfel mit einem Kreuz. Durch die Herrscherinsignien, den festen Blick und die bewegte Linienführung strahlt die Figur Entschlossenheit, Würde und gleichzeitig auch Leichtigkeit aus. Der linke Fuß der Gottesmutter ruht in der Mondsichel. Der Bildhauer der Statue ist nicht bekannt.
Marienstatue wanderte
Als 1906-1908 die „Kaiser Franz Joseph-Jubiläumsvolksschule“ gebaut wurde, brauchte man einen Zugang von der Marktstraße und die Kapelle mit dem Tor wurde abgerissen. Die Marienstatue übersiedelte in die neu eingerichtete Gemeindekanzlei in den ersten Stock. Nach dem Abbruch des „Tuchschererhauses“ (heute Teil des Gramaphons) fand sie im Trauungszimmer des neuen Gemeindeamtes neben dem Tisch des Standesbeamten einen vorübergehenden Platz. Nachdem das Trauungszimmer dem Umbau zum Bürgerservice weichen musste, bekam die wertvolle Marienstatue unter einem Plexiglassturz im Eingangsbereich des Amtsgebäudes ihren derzeitigen Standplatz.
(c) Auszug aus dem Buch „Unser Gramastetten – Hausgeschichten2“ von Günther Gielge und Herbert Ginterseder. Das Buch ist am Gemeindeamt, im Winkler Markt und beim Kulturforum erhältlich.